»Nie habe ich einen Ort gefunden, wo wir von Seiten der Bewohner so miserabel aufgenommen worden sind.«
Dass er ab 1817 – also nur wenige Jahre später – hier als Hofkapellmeister leben und bis zu seinem Tod 1826 wirken würde, war für ihn damals noch nicht absehbar. Eigentlich war es Webers Wunsch gewesen, im Anschluss an seine Anstellung als Kapellmeister am Ständetheater in Prag (1813–1816) nach Berlin verpflichtet zu werden, wie er Carl von Brühl unmittelbar vor dessen Amtsantritt als Berliner Generalintendant 1814 schrieb. Doch diese Pläne zerschlugen sich, und der preußische König Friedrich Wilhelm III. verpflichtete den italienischen Komponisten und Dirigenten Gaspare Spontini als Generalmusikdirektor an das Königliche Opernhaus.
Carl Maria von Weber litt zeitlebens unter gesundheitlichen Problemen und wusste, dass er aufgrund der Erkrankung an Tuberkulose nicht alt werden würde. Seine letzten Lebensmonate müssen schmerzvoll gewesen sein – er bekam kaum Luft und konnte wegen seiner angeschwollenen Beine keine Schuhe mehr tragen; in Pantoffeln stand er vor dem Orchester, und weil er kaum noch sprechen konnte und Blut spuckte, kommunizierte eine Art Dolmetscher mit den Musikern. Trotzdem wollte Weber für seine Familie noch so viel Geld wie möglich verdienen und wehrte sich gegen den nahenden Tod. Am 16. Februar 1826 reiste er über Paris nach London, um den »Oberon« uraufzuführen. Reise- und Arbeitsbelastung setzten ihm sehr zu. Carl Maria von Weber starb in der Nacht vom 4. auf den 5. Juni 1826; sein Leichnam wurde in der katholischen St. Moorsfield Chapel beigesetzt. Letztlich musste sich Weber dem Schicksal fügen – ganz nach seinem Lebensmotto: »Wie Gott will!«
Weber in Hosterwitz
»O Hosterwitz! O Ruhe«, schrieb Carl Maria von Weber im Mai 1823 in sein Tagebuch. In den Sommermonaten der Jahre 1818/19 und 1822 bis 1824 mietete sich der Hofkapellmeister ein paar Zimmer in einem Winzerhaus im nahe Dresden gelegenen Hosterwitz, wo er mit seiner Familie die Sommermonate verbrachte. Die Einmietung war nötig geworden, weil Weber im nahe gelegenen Schloss Pillnitz die Leitung der sommerlichen Opernaufführungen und musikalische Dienste für den Hof übernommen hatte. Der kurze Weg zwischen Schloss und Quartier ermöglichte ihm ein flexibles Arbeiten – so wurde im Winzerhaus auch geprobt.
Von Hosterwitz aus unternahm Weber mit seiner Familie Wanderungen in den nahe gelegenen Keppgrund und in das Elbsandsteingebirge. Er liebte die Abgeschiedenheit und Ungezwungenheit auf dem Lande. Zum Haushalt gehörten mehrere Haustiere, darunter das Kapuzineräffchen Schnuff, das wie ein Familienmitglied behandelt wurde.
In Hosterwitz schuf Weber einige seiner bedeutendsten Kompositionen, wie die Opern »Euryanthe« und »Oberon«, viele Lieder sowie Kammermusik. Die herrliche Landschaft inspirierte ihn, und hier fand er Ruhe und Muße zum Komponieren. Die berühmte Oper »Der Freischütz« mag durch Spaziergänge im Keppgrund und durch Ausflüge in die Sächsische Schweiz beeinflusst worden sein. Der Dichter und Ehemann seiner Enkeltochter, Ernst von Wildenbruch, ließ später an der Laube im Garten des Winzerhauses eine Gedenktafel anbringen, die suggeriert, dass der »Freischütz« in Hosterwitz entstanden sei.
»Der Freischütz«, ein Superhit der Operngeschichte
Der »Jägerchor« und der »Jungfernkranz« aus dem »Freischütz« sind zeitlose Melodien, denen jeder schon irgendwann einmal begegnet sein dürfte. Das Werk gehört zu den meistgespielten Opern im deutschsprachigen Raum und gilt als Urtyp der romantischen Oper schlechthin. Hier stehen die großen Themen der Romantik im Mittelpunkt: der Wald und die Natur, übersinnliche Kräfte, märchenhafte Symbolik, faustische Tiefe und – natürlich – die Liebe.
Weber soll die Freischütz-Sage bereits 1810 bei einem Besuch auf Stift Neuburg bei Heidelberg kennengelernt haben und gefesselt vom Stoff gewesen sein. Kurz nachdem er am 17. Januar 1817 seinen Dienst in Dresden angetreten hatte, lernte er den Dichter Johann Friedrich Kind kennen. Kind stellte ihm den Stoff aus August Apels »Gespensterbuch« vor.
»Heute Abend im Theater sprach ich Friedrich Kind, den hatte ich gestern so begeistert, daß er gleich heute eine Oper für mich angefangen hat. Morgen gehe ich zu ihm, um den Plan ins Reine zu bringen. Das Sujet ist trefflich, schauerlich und interessant. Der Freyschütze. Ich weiß nicht ob du die alte Volkssage kennst.«